Schnellkurs fürs Regieren: AfD Sachsen sucht Personal für mögliche Ministerien

Die sächsische AfD liegt in Umfragen vorn – und will auf alle Optionen vorbereitet sein. 150 Personen sollen speziell geschult werden. Erste Namen für ein mögliches Kabinett kursieren.

Mindestens 100 Personen sollten es nach den Vorstellungen der sächsischen AfD sein. Besser wären eine Gruppe von rund 150. Sie sollen in den nächsten Monaten von der parteieigenen Akademie „Schwarz Rot Gold“ geschult werden. Es geht um verschiedenste Angebote: von Rhetorikseminaren bis zu Einführungen in die Parteiorganisation. Für die AfD in Sachsen hat die Suche nach Kursteilnehmern einen netten Nebeneffekt. Sie möchte geeignete Mitarbeiter finden, um gegebenenfalls Ministerien besetzen zu können.

Richtig geordnet klingt der Prozess nicht, den die Partei angestoßen hat. Landtagsabgeordnete, auch einfache Mitglieder werden angesprochen, andere empfohlen. Eine Art Casting ist es dennoch: Der Landesvorstand möchte einen Überblick über fähige Leute in den Regionen erhalten. Natürlich sind die prominentesten Köpfe aus den sächsischen Kreisverbänden geläufig. Aber wer weiß denn, ob ein noch weithin unbekanntes AfD-Mitglied nicht über notwendige Expertise verfügt.

Der Landesvorstand will vorbereitet sein

Angesichts der Umfragewerte betrachtet es die AfD nicht mehr als ausgeschlossen, dass sie nach der Landtagswahl an der nächsten sächsischen Regierung in der ein oder anderen Weise beteiligt ist: Derzeit liegt sie konstant vor der CDU. Das Meinungsforschungsinstitut sah die Union zuletzt bei 30 Prozent, die AfD vier Prozentpunkte davor. Sogar eine absolute Mehrheit wird in der AfD inzwischen für möglich gehalten, was eine Alleinregierung der Partei bedeuten würde. Im AfD-Landesvorstand will man vorbereitet sein.

Ende vergangenen Jahres begrüßte man darum Bernhard Maack bei einer Sitzung. Maack war von 2016 bis 2021 im Berliner Bezirksamt Reinickendorf für Bürgerdienste und Ordnungsangelegenheiten zuständig, hat also eine öffentliche Behörde von innen erlebt. Er erläuterte dem sächsischen Landesvorstand bei seinem Besuch beispielsweise, wie eine Verwaltung aufgebaut ist, wo Fallstricke lauern und was allgemein zu beachten ist.

Hochschulabschluss als Mindestanforderung

Inzwischen sind für das sächsische AfD-Führungsgremium die Mindestanforderungen klar: AfD-Mitglieder, die mit in die Ministerien einziehen wollen und sollen, müssen über einen Hochschulabschluss verfügen. Auch Verwaltungserfahrung wäre nicht schlecht. Fachexpertise sei sowieso immer willkommen, heißt es.

Für die AfD haben Maacks Auftritt und die geplanten Schulungen vor allem zwei Funktionen, wie mehrere Vorstandsmitglieder betonen: Sie sollen intern deutlich machen, dass man die Machtoption in Sachsen für reell hält. „Im Landesvorstand gibt es einen verhältnismäßigen Optimismus, dass das gelingen kann“, sagt jemand aus dem Vorstand. Die Mehrheit sei „sehr positiv gestimmt“.

AfD will Personalquerelen vermeiden

Die Bemühungen, die Regierungsgeschäfte möglichst ohne Anpassungsschwierigkeiten übernehmen zu können, sollen darüber hinaus die Partei disziplinieren. Man dürfe nicht nachlassen oder sich ausruhen, sagt ein Vorstandsmitglied. Oppositionsarbeit sei einfach, es komme aber jetzt darauf an, den Vorsprung vor der CDU zu halten und auszubauen. Inhaltliche Vorbereitungen seien wichtig, Personaldebatten müssten dagegen vermieden werden.

Ganz ist dies der AfD nicht gelungen. Kurz nach dem Jahreswechsel sind Diskussionen aufgeflammt, wie sie die Partei bereits vor fünf Jahren erlebt hat. Auch 2019 schlug sich die AfD mit der Frage herum, ob es nebem dem Spitzenkandidaten auch einen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten geben solle. Damals wie heute wurde AfD-Bundeschef Tino Chrupalla als Gegenspieler des AfD-Spitzenkandidaten Jörg Urban ins Spiel gebracht. Nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung dementierte Chrupalla jüngst etwaige Ambitionen.

Erste Namen zirkulieren trotzdem

Das heißt allerdings nicht, dass die Sachsen-AfD sich nicht mit solchen Fragen auseinandersetzt. Verschiedene Szenarien werden durchgespielt: darunter der Fall, dass die AfD als Juniorpartner in die Regierung einzieht. Im Landesvorstand scheint geklärt, welche Ministerien dann beansprucht würden. Genannt werden unisono die Ressorts Soziales, Inneres, Kultus und Justiz.

Das Sozialministerium könnten demnach der bisherige Landtagsvizepräsident André Wendt oder die stellvertretende Landesvorsitzende Martina Jost übernehmen. Das Innenministerium dürfte wohl der Abgeordnete Sebastian Wippel beanspruchen. Als potenzieller Kultusminister wird Rolf Weigand genannt – der Abgeordnete soll aber im Frühjahr als Bürgermeisterkandidat in Großschirma (Landkreis Mittelsachsen) antreten. AfD-Landesvize Joachim Keiler kann sich den Spekulationen zufolge Hoffnungen auf das Justizressort machen.

Kulturschock in den Ministerien soll ausbleiben

Man habe genügend schlaue Leute in der AfD, wird von den Gesprächspartnern in diesen Tagen mehrfach versichert: Voraussichtlich werde sich der Kulturschock auch in den Ministerien in Grenzen halten. Man sei der Meinung, dass die Häuser der AfD beim Regieren keine Steine in den Weg legen würden. Die Geschäfte könnten einfach weiterlaufen.

Der Wunsch der AfD ist: Falls sie in Sachsen regiert, soll es so normal wie möglich wirken.